Paris : Notizen . er Bauherr dasProblem der Stadthausgestaltung löste und für ganze Straßen-züge die Uniformität befahl, nahm er helläugig vorweg, worumsich das führerlose Bürgertum unserer Tage vergeblich immernoch bemüht. Seine Tat ist wahrhaft groß, weil sie ganz modern,ganz lebendig und aus dem Geiste des Notwendigen gedacht ist. Dem typischen Pariser Stadthaus sieht man es an, daß es seitlangem schon Großstadtcharakter hat. Es ist nichts Parvenü-haftes darin, nichts eilig Emporgetriebenes und krampfhaft Kon-struiertes. Eine alte Tradition hat diesem Haus Grundriß undAufriß bestimmt, hat e
Paris : Notizen . er Bauherr dasProblem der Stadthausgestaltung löste und für ganze Straßen-züge die Uniformität befahl, nahm er helläugig vorweg, worumsich das führerlose Bürgertum unserer Tage vergeblich immernoch bemüht. Seine Tat ist wahrhaft groß, weil sie ganz modern,ganz lebendig und aus dem Geiste des Notwendigen gedacht ist. Dem typischen Pariser Stadthaus sieht man es an, daß es seitlangem schon Großstadtcharakter hat. Es ist nichts Parvenü-haftes darin, nichts eilig Emporgetriebenes und krampfhaft Kon-struiertes. Eine alte Tradition hat diesem Haus Grundriß undAufriß bestimmt, hat es solide gemacht und bewahrt es jetztvor Entartung im falschen Schein. Seine schlichte Vornehm-heit, die ihm fast das Aussehen von Adelshotels gibt, drückteine Würde aus, die die Bewohner wirklich fühlen. Wäre dasnicht der Fall, so wäre einer anders gearteten Nachfrage auchin Paris sicher das Angebot des modernen Bauunternehmertumsgefolgt. Diese distinguierte Einfachheit der uniformen Fassaden-. DAS STADTHAUS 93 Bildung unterscheidet sich von den argen Erscheinungen einerjüngeren Großstadtarchitektur nicht in Einzelheiten, sonderngrundsätzlich. Freilich finden sich hier und dort an den Boule-vards auch in Paris Beispiele jener par\enühaften Bauweise,wie man sie an den Ringstraßen Wiens, im Westen Berlins alsdas Typische sieht; aber es bleiben Ausnahmen. Will man sich eine Vorstellung machen von dem Gesamt-eindruck, so stelle man sich lange Straßen und weite Plätze ineiner Wohnhausarchitektur vor, wie sie etwa in Berlin am Endedes achtzehnten Jahrhunderts Geltung hatte. Diese Stadtarchi-tektur der Zopfzeit sah in ihrem feinen Putzstil, mit spärlichenGesimsen, durchgehenden Pilastern und dem doppelt gebrochenenZiegeldach allerdings ganz anders aus als die der Pariser Wohn-hausfassade; aber sie war dieser gleich an vornehmer Zurück-haltung, an edler Sachlichkeit und im Verzicht auf allen falschenSchein. Hat man in Berlin diese schöne Form selbstbewuß
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