Paris : Notizen . n Fresko-menschen die Wangen röten vom warm aufquellenden Blut,die Glieder lösen im Behagen animalischer FleischUchkeit unddie Gewänder sich williger der nicht mehr heroischen Gebärdeschmiegen, wie die durch die Sakralkunst divinisierte Naturhumanisiert, ja, hier und da leise schon animalisiert wird. Das »Concert champetre« Giorgiones leitet mit seinem köst-lich ausgeglichenem Dualismus von antikischer Tradition undmodernem Impressionismus eine ganze Reihe verwandter Werkeein. Zu ihnen gehören, neben anderen im Louvre, die »Ehe-brecherin« Lorenzo Lottos, die in all ihrer male


Paris : Notizen . n Fresko-menschen die Wangen röten vom warm aufquellenden Blut,die Glieder lösen im Behagen animalischer FleischUchkeit unddie Gewänder sich williger der nicht mehr heroischen Gebärdeschmiegen, wie die durch die Sakralkunst divinisierte Naturhumanisiert, ja, hier und da leise schon animalisiert wird. Das »Concert champetre« Giorgiones leitet mit seinem köst-lich ausgeglichenem Dualismus von antikischer Tradition undmodernem Impressionismus eine ganze Reihe verwandter Werkeein. Zu ihnen gehören, neben anderen im Louvre, die »Ehe-brecherin« Lorenzo Lottos, die in all ihrer malerischen Haltungmichelangelesk anmutende »Heimsuchung« Sebastians del Piombound die schönen Porträts von Paris Bordone. Alles Werke,deren edelste Reize sich ebenso wenig beschreiben lassen, wiesich »ein Mittagessen erzählen« läßt. Das Besondere der Malereiklar darzustellen, ist dem Worte leider versagt; man muß frohsein, wenn vor dem Einzelnen das Allgemeine aufs neue wiedergedacht w^erden Phot. Ad. i^ Co. CORREGGIÜ: MYSTISCHE HOCHZEIT DER HEILIGEN KATHARINA DIE JUNG GESTORBENEN 125 Des Nachdenkens wert ist die seltsame Erscheinung, daß dieEroberung Dessen, was man in der Renaissance die modernemalerische Idee nennen kann, im wesentlichen von einer Reihegenial begabter Wunderkinder ausgegangen ist. Von Künstlern,die jung schon Meisterwerke produzierten und die alle jungauch gestorben sind. Andrea del Sarto starb im vierundvier-zigsten Jahr. Das ist für einen Maler, der lange Lehrjahre zuabsolvieren hat, sehr früh. Correggio wurde nur vierzig Jahrealt, Giorgione sogar nur zweiunddreißig und RafFael undMasaccio, die man bedingt in dieser Verbindung mit nennendarf, erreichten beide nicht das vierzigste Jahr. Die malerischbetonte Schöpfungskraft aller dieser Künstler ist vielleicht so zuerklären, daß die für einen frühen Tod prädestinierten Naturenbesonders empfänglich für äußere Eindrücke sind, daß in ihremfemininen, pathologisch


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