. Acta Societatis Scientiarum Fennicae. Science. 8 J. J. Es ist begreiflich, dass unser Staiuimotiv keinen günstigen Nährboden in der christlichen Kunstauffassung finden konnte. Denn, wenn die Grätschstellung unantik ge- nannt werden kann, so darf man wohl behaupten dass sie kirchlich noch weit weniger ist als klassisch. Sie gehört zu sehr dem Erdenleben an, um sich leicht einen Platz in der abstrakten und ti'anscendentalen Ideen- welt, in der sich die Kunst des älteren Mittelalters bewegt, erobern zu können. Byzantinische Beispiele habe ich nicht mehr, als sich leicht an den Finger
. Acta Societatis Scientiarum Fennicae. Science. 8 J. J. Es ist begreiflich, dass unser Staiuimotiv keinen günstigen Nährboden in der christlichen Kunstauffassung finden konnte. Denn, wenn die Grätschstellung unantik ge- nannt werden kann, so darf man wohl behaupten dass sie kirchlich noch weit weniger ist als klassisch. Sie gehört zu sehr dem Erdenleben an, um sich leicht einen Platz in der abstrakten und ti'anscendentalen Ideen- welt, in der sich die Kunst des älteren Mittelalters bewegt, erobern zu können. Byzantinische Beispiele habe ich nicht mehr, als sich leicht an den Fingern einer Hand herzählen lassen: teils aus der nachikonoklastischen Wiederbelebung der älteren orientalisch-christlichen Tradition (alle an verschiedenen Stellen dieser Arbeit zitiert), teils aus sehr späten Tafelgemälden, hier wohl durch Annahme abendländischen Einflusses zu erklären (z. B. zwei typisch grätschende, junge Propheten bei der Verherrlichung der Gottesmutter, Gemälde im Pal. della Santa Casa zu Loreto). Was wieder die romanische Kunst betrifft, so scheint es fast sympto- matisch, dass die für sie besonders bezeichnende Stellung: das Stehen mit zwar ebenfalls steif gestreckten, dabei aber übereinander ge- Abb. 8. schlagenen Beinen, dem Grätschen möglichst entgegengesetzt ist (darüber s. weiter unten). Nichts desto weniger beginnen meine Beispiele dieser Stellung von der zweiten Hälfte des XII. Jahrh. an in der abendländischen Kunst eine fortlaufende Reihe zu bilden. So fand sich z. B in einer Zeichnung des ver- brannten „Hortus deliciaruni" (publ. von der Soc. pour la conservation des mon. bist. d'Alsace, 1879—1899) ein Götzenbild, welches typisch grätschend auf der Hand dei- Idolatria stand. ') Während man hiei' unter den zahlreich vorkommenden, schwer gerüsteten Krie- gern diese Stellung vergebens sucht, tritt in den rein abendländischen Zeichnungen einer griechischen Hand- schrift der Mailänder Ambrosiana-Bibliothek, I). 67 sup.
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