Paris : Notizen . ße Format allgemach ebenso zum Selbstzweck, wie esMeissonier — der ein französisches Menzelschicksal erlebte —die kleine Bildfläche wurde. Und dann taucht ein Name und ein Lebenswerk auf, vordem sich die Entzückungen noch steigern, so daß man un-willkürlich leise vor sich hin zu summen beginnt. Rousseausund Daubignys Bilder liebt man, wie man den Freund liebt;der zauberisch leichten Art Corots gibt man sich hin, wie mansich der Geliebten zuneigt. Der Deutsche kann vor diesersilbernen Kunst nichts Besseres tun, als sie seiner liebsten Musikvergleichen. Wie sehr mußte alles Äuß


Paris : Notizen . ße Format allgemach ebenso zum Selbstzweck, wie esMeissonier — der ein französisches Menzelschicksal erlebte —die kleine Bildfläche wurde. Und dann taucht ein Name und ein Lebenswerk auf, vordem sich die Entzückungen noch steigern, so daß man un-willkürlich leise vor sich hin zu summen beginnt. Rousseausund Daubignys Bilder liebt man, wie man den Freund liebt;der zauberisch leichten Art Corots gibt man sich hin, wie mansich der Geliebten zuneigt. Der Deutsche kann vor diesersilbernen Kunst nichts Besseres tun, als sie seiner liebsten Musikvergleichen. Wie sehr mußte alles Äußerliche des Rokokos doch über-wunden sein, bevor dieses moderne Landschaftsrokoko so frei,leicht und triumphierend ans Licht der neuen Zeit treten konnte!Corot hat Bilder gemalt, die das sentimentalische junge Mädchenüber ihr jungfräulich weißes Linnenbett hängt, vor denen derLiterat »träumt« und die den Kenner doch auch in Entzückenversetzen. In seinen seidiggrau schillernden Phantasieland-. ^. COROT 187 Schäften scheint alle Romantik realisiert, alle Sehnsucht wirdwirklich und jede Schwärmerei greifbar. Zur aristokratischenAufrichtigkeit Vermeers, zur soignierten Kultur Chardinskommt noch ein italienischer Einschlag. Poussins Geist geselltsich der niederländischen Anschauungsweise, und wir erbHckeneine S3nthese, die vorher unmöglich erscheinen mußte. AusländHchen Häusern, Weiden, Wiesen und Menschen- oderTierstaffagen baut Corot hinter den Schleiern silberner Nebeleine Welt auf, voll jungfräulichen Duftes und zärtlich gehauchterAnmut. Sieht man näher hin, so beginnt es in diesen Nebel-wänden zu leben und zu zittern von morgenfroh atmendemLeben; der Raum stellt sich mit mächtiger Eindringlichkeit her,die Gegenstände treten zueinander in Beziehung, und es zeigtsich, daß dieses reinlich friedliche Märchenreich ganz von dieserErdenwelt ist. Richtig schätzen kann Corot nur, wer dieWahrheit seiner Malerei begreift. Jene Wahrheit, die nachtause


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