Paris : Notizen . s Literarischen. Je kühner er denStoff packte, desto unmöglicher wurde es, ihn ganz und garmit jenem Leben zu füllen, das vom Augenblick für die Ewig-keit geschaffen scheint. Da er aber nie erlahmte, dieses Lebenim erregten Ansturm zu suchen, so findet man verstreut in seinenWerken die herrlichsten Werte, ohne daß eines seiner großenBilder als Ganzes durchaus zu befriedigen vermöchte. In jedemGemälde gibt es Stellen, Fragmente, deren Schönheit oft allesübertrifft, was das Jahrhundert nach dieser Richtung geschaffenhat. Sie liegen da wie Bilder im Bild. Man betrachte dieGruppe


Paris : Notizen . s Literarischen. Je kühner er denStoff packte, desto unmöglicher wurde es, ihn ganz und garmit jenem Leben zu füllen, das vom Augenblick für die Ewig-keit geschaffen scheint. Da er aber nie erlahmte, dieses Lebenim erregten Ansturm zu suchen, so findet man verstreut in seinenWerken die herrlichsten Werte, ohne daß eines seiner großenBilder als Ganzes durchaus zu befriedigen vermöchte. In jedemGemälde gibt es Stellen, Fragmente, deren Schönheit oft allesübertrifft, was das Jahrhundert nach dieser Richtung geschaffenhat. Sie liegen da wie Bilder im Bild. Man betrachte dieGruppe der toten Mutter mit dem Kind im »Gemetzel vonChios«, sehe die hockenden Frauen auf dem Haremsbild, dieGestalt der Revolutionsgöttin oder die Leiber der Verdammtenauf der »Dantebarke.« Und man betrachte daneben die leerenStellen. Dann wird man die faustische Stimmung dieses Künstlersverstehen. Dieser sich in Selbstkritik Verzehrende war einMaler des Grotesken und Grausigen und zugleich ein Bildner. 3 DELACROIX 177 ornamental voll dahinfließender Schönheiten, war ein Meisterreiner Malkunst und ein phantasievoller Erzähler, ein philoso-phischer Grübler, der in Kontrasten zu denken liebte und einnaiver Naturbetrachter, ein Virtuose des in Delikatesse getauchtenPinsels und ein seinem Dämon Unterworfener, von dem mansagen kann, er hätte nicht die Kunst, sondern sie hätte ihn liebte die graziöse Geschmeidigkeit der Grausam-keit, die symbolträchtige Poesie der Vernichtung. In seinenWerken allen ist die Stimmung des mitleidslos vernichtendenSchicksals, der blutgierig witternden Notwendigkeit zu finden,wie wir sie aus Kleistens »Penthesilea«, aus Hebbels »Judith« oderaus Ibsens nordischer Dramatik kennen. Die nach Erschütte-rungen lüsterne, aber von hohem Kunstverstand gebändigteGlöcknerromantik Victor Hugos ist darin und auch viel vonder nervös schmächtigen Grazie Berangers. Der letzte begnadeteRitter vom Reim und Rhythmus, der letzt


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