Paris : Notizen . ie künstlerische RaumsymboHk, in neuerWeise lebendig mit einem lebendigen Stoff verbunden odervielmehr aus einem gegenwärtigen Lebensstoff herausgerissenworden ist. Der Gerichtssaal ist nur ein Beispiel. Daumier sah Wäsche-rinnen an den Flußmauern schwerbeladen entlanggehen, undsie wuchsen seinem bei aller Schonungslosigkeit ehrfürchtiganschauenden Auge, ohne daß er zur absichtlichen Stilisierunggriff, zu alttestamentarischer Wucht empor. Er sah im Theaterzugleich auf die Bühne und auf die Zuschauer, und ihm wurdedas unheimliche Gegenspiel dieser beiden Faktoren zu etwasvisio


Paris : Notizen . ie künstlerische RaumsymboHk, in neuerWeise lebendig mit einem lebendigen Stoff verbunden odervielmehr aus einem gegenwärtigen Lebensstoff herausgerissenworden ist. Der Gerichtssaal ist nur ein Beispiel. Daumier sah Wäsche-rinnen an den Flußmauern schwerbeladen entlanggehen, undsie wuchsen seinem bei aller Schonungslosigkeit ehrfürchtiganschauenden Auge, ohne daß er zur absichtlichen Stilisierunggriff, zu alttestamentarischer Wucht empor. Er sah im Theaterzugleich auf die Bühne und auf die Zuschauer, und ihm wurdedas unheimliche Gegenspiel dieser beiden Faktoren zu etwasvisionär Bildmäßigem; er blickte sich um auf seinem Theater-sitz und sah Hunderte von selbstvergessen glotzenden Ge-sichtern vor sich, verzerrte Mäuler, starre Augen und ge-runzelte Stirnen, sah in einer bunten Vielheit einen einzigenInstinkt und einen einzigen Instinkt illustriert durch eine Viel-heit. Aus solchem ganz grotesken Anblick gewann er dasErschütternde, das Schicksalhafte, das große Anonyme und. HOXORE DAUMIHR: BILDXIS TH. ROUSSEAUS DAUMIER i8i Abstrakte, das sich nur konkret offenbaren kann. Er maltedie Erneuten seiner politisch bewegten Zeit, die Barrikaden-romantik und Revolutionsleidenschaft; aber er gab nie dasstofflich Besondere, sondern immer den dämonisch dirigierendenGeist des Ganzen und darum auch die große Form. Er gingzu dem fahrenden Volk und fand in diesem elenden MiUeuschmutziger Theatralik die große, allgegenwärtige Schö schwelgend, wie ein Victor Hugo, begeisterte ersich für Cervantes, Moliere und Lafontaine, schuf, anknüpfendan deren Werke, eine Reihe von Bildern, deren mephisto-phelische Mystik Goyas Phantasien übertrifft. Durch seinLebenswerk reitet, wie ein Gespenst seiner eigenen Sehnsucht,Don Quixote im grotesk-tragischen Wahnsinn dahin. Vorseinen Fenstern sah er Pferde zur Sclnvemme geführt, under machte Bilder daraus, die schönen antiken Reliefs zugleich zeigte sich der Maler der Bilderbuden und


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