Paris : Notizen . er Mo-derne, dem das Logische so gut und das rhythmisch Harmonischeso schlecht gelingt, mag vor solchen scheinbar mühelos voll-kommenen Werken staunend wohl verweilen, als entstammtensie der arkadischen Zeit der Menschheit. Feierhcher noch stimmendie klassisch edlen Hochzeitsfresken Botticellis, die aufs glück-lichste im Treppenhaus des Escalier Daru der Wand eingefügtw^orden sind. Vor einer solchen adligen Vollendung empfindetman es, daß große Kunstwerke im höheren Sinne Naturwerke sindund daß das Gesetz des gestaltenden Lebens sich des Künstlers nurbedient, um sich selbst z


Paris : Notizen . er Mo-derne, dem das Logische so gut und das rhythmisch Harmonischeso schlecht gelingt, mag vor solchen scheinbar mühelos voll-kommenen Werken staunend wohl verweilen, als entstammtensie der arkadischen Zeit der Menschheit. Feierhcher noch stimmendie klassisch edlen Hochzeitsfresken Botticellis, die aufs glück-lichste im Treppenhaus des Escalier Daru der Wand eingefügtw^orden sind. Vor einer solchen adligen Vollendung empfindetman es, daß große Kunstwerke im höheren Sinne Naturwerke sindund daß das Gesetz des gestaltenden Lebens sich des Künstlers nurbedient, um sich selbst zu glorifizieren. In diesem besonderenFalle erregt die ruhig heitere Schönheit der Gestaltung um somehr Verwunderung, als man dem sonst so gezierten, barockenBotticelli niemals solche edle Einfachheit zugetraut hätte. DerFlorentiner ist ja in unsern Tagen wegen seines zugleich femi-ninen und phantastisch grotesken Wesens eine Modegröße ge-worden, der Liebling eines präraftaelitisch schwärmenden Dilet-. y^. % c DIE PRÄRAFFAELITEN 119 tantengeschlechts, das sich von der mystischen Manieriertheit,dem frömmelnden Puritanismus und der dekorativen Über-treibungslust düpieren läßt. Es ist kaum verständlich, wie dieserMaler, der im Studium Dantes literarisch wurde statt monumentalund der die mächtige Ideenkunst Leonardos ad absurdum führte,der kindlichen Reinheit und majestätischen Klarheit dieserLouvrefresken fähig gewesen sein kann. Das eine der Wand-bilder wird nicht ihm, sondern seiner Schule mag es vielleicht gerade das »Unpersönliche«, das reine Waltender Giottokonvention sein, was die Vollkommenheit ermöglichte. Von jenem Entwickelungsgesetz der italienischen Malerei, sichvom architektonischen Gesamtgedanken unabhängig zu machenund sich, vom Freskoprinzip fort, zur selbständigen Kunst desTafelbildes auszubilden, erhält man im Louvre einen unübertreff-lichen Begriff. Alle Künstler folgen mit mehr oder wenigerBewußtsein diesem Ent


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